Text eines Gastbeitrags für Die Achse des Guten (achgut.com)
von Bernd A. Laska

"Das Ende der Geduld" -- Wessen Geduld?

Walter Schmidt schliesst seinen hiesigen Beitrag vom 05.07.2010 zum Fall Kirsten Heisig mit der Bemerkung: "Bezeichnend ist auch, dass nahezu alle Kommentatoren im Falle Heisigs von Selbstmord als letzter Konsequenz eines ganz persönlichen, z.T. auch familiären Dramas ausgehen."

Das war kurz nach dem Auffinden der Leiche Heisigs. Inzwischen wurde die Selbsttötungsthese in den Leitmedien durch ständige, nur noch eher beiläufige Erwähnungen in den zahlreichen Besprechungen ihres Buches festgeklopft. Dabei wurden viele Gründe, die klar gegen diese These sprechen, unter den Teppich gekehrt:
Heisig stand nach jahrelangen Kämpfen, vor allem gegen zähe Widerstände in der Kollegenschaft und in der Politik, vor einem grossen Triumph. Ihr "Neuköllner Modell" war im Juni 2010 berlinweit eingeführt worden und zog auch Interesse aus anderen Grossstädten auf sich. Entsprechend gross war das Interesse nun auch der überregionalen Medien an ihrer Person. Sie war kurz vor ihrem Tod Gast bei Peter Hahne, der ein Gespräch mit ihr für seine nächste TV-Sendung aufzeichnete. Hahne fand sie "sehr entschieden, eloquent, mutig, tatkräftig, kein bisschen resignativ" (das Gespräch wurde dann nicht gesendet). Mit stern-tv traf sie noch eine Verabredung für einen Auftritt; mit einem BZ-Redakteur für ein Interview. Ihr Buch stand kurz vor der Drucklegung. Und die Fussballbegeisterte fieberte mit bei der Weltmeisterschaft, so dass Heinz Buschkowsky, der Neuköllner Bürgermeister, der sie auch persönlich gut kannte, sagte: "So jemand bringt sich doch nicht um, schon gar nicht während der Fussballweltmeisterschaft." Sie freute sich ausserdem auf einen Urlaub im Juli, den sie mit ihren beiden Töchtern, 13 und 15 Jahre alt, verbringen wollte.

Am Mittwoch, den 30. Juni, wurde Heisig als vermisst gemeldet. Die stets korrekte Frau war am Montag ohne Meldung dem Dienst ferngeblieben. Obwohl allbekannt war, dass sie im Milieu der kriminellen "Migranten" naturgemäss viele Feinde hatte, gab die Polizei sofort bekannt, es gebe keine Hinweise für eine Entführung oder sonstige Straftat. Das war sozusagen die Parole für die nächsten Tage. All die Ungereimtheiten bis zum Auffinden der Leiche sind in den Zeitungsberichten im Netz nachzulesen. Am 3. Juli fand man Heisig, erhängt in einem Waldstück. Sofort trat die Berliner Justizsenatorin Gisela von der Aue an die Öffentlichkeit und verkündete, es handele sich "offensichtlich um Selbstmord". Und dies wurde dann auch durch das Ergebnis der später durchgeführten Obduktion bestätigt.

Warum ist es nun "bezeichnend", dass die Suizidthese trotz der genannten und einiger weiterer offener Fragen in fast allen Medien bereitwillig angenommen und als nicht mehr begründungsbedürftig angesehen wurde? Bezeichnend - wofür? Da kann sich nun jeder seinen Reim machen. Man mag aber kaum aussprechen, was damit über die "vierte Gewalt" in unserem Rechtsstaat gesagt wird.

Böse Beobachter der Pressemeldungen hatten von Anfang an den Verdacht, dass es sich hier nur um Entführung und/oder Mord handeln konnte. Das wusste auch die Polizei, die nicht in alle Richtungen ermittelte, sondern sofort verkündete, "keine Hinweise" auf irgendwelche Verbrechen zu haben. Böse Beobachter fanden es auch naheliegend, dass in den Milieus, denen Heisig - anders als die meisten ihrer Kollegen von der Justiz - zunehmend Probleme machte, "das Ende der Geduld" erreicht war. Böse Beobachter können sich auch vorstellen, dass es für die "migrantischen" Drogenbosse kaum ein Risiko war, Kirsten Heisig ermorden zu lassen; denn schon Ermittlungen wegen Mordes hätten, auch wenn sie schliesslich im Sande verlaufen wären, die Staatsraison erschüttert, in der die Einwanderungs- und Ausländerpolitik einen hohen Rang hat. Böse Beobachter sehen aber auch mit Schrecken, wohin solch spekulatives Raisonnieren führt: dass die Justiz hier einen zumindest mutmasslichen Mord an einem ihrer Beamten deckt, wenn auch aus höheren staatspolitischen Gründen. Daran aber wollen wir nun wirklich nicht glauben. Vielleicht liegt hier der Schlüssel zum Verständnis dafür, dass die Kommentatoren in den Medien Gisela von der Aues Selbstmordthese so erleichtert aufgenommen haben.

12. August 2010


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